Im Westen nichts Neues: Diese Details unterscheiden den Antikriegsfilm vom Roman

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Die Neuverfilmung von Im Westen nichts Neues hat in Hollywood am letzten Wochenende vier Oscars erhalten. Wie nahe ist der Film an der Romanvorlage?

Manche Filme sind reine Fiktion, andere haben ein Buch als Vorlage. Gerade beim neuen deutschen Meisterwerk Im Westen nichts Neues lohnt es sich, etwas genauer hinzusehen. Haben die Filmschaffenden um den Regisseur und Oscarpreisträger Edward Berger sich strikt an die Vorlage von Erich Maria Remarques Buch gehalten, oder wurden vielleicht einige Details verändert? Wir haben ganz genau für dich hingesehen.

Schon der Anfang der Neuverfilmung ist anders als das Buch

Im Roman von 1928 ist der Hauptakteur Paul Bäumer auf einem kurzen Heimaturlaub. In diesen 8 Tagen lässt er die Zeit im Ersten Weltkrieg an sich vorbeiziehen und erkennt, dass er nicht mehr derselbe motivierte junge Mann ist, welcher in den Krieg zog, um sein Vaterland zu verteidigen.

Diese Szene aus Remarques Buch fehlt im Film komplett. Der Autor legt im Roman großen Wert darauf, aufmerksam zu machen, dass im 1. Weltkrieg eine ganze Generation junger Männer verloren ging. Sie wurden einfach „verheizt“.

Daniel Brühl als Michael Erzberger

Die Filmfigur des Michael Erzberger bezieht sich auf einen real existierenden Politiker der damaligen Zentrumspartei, welche recht bedeutend in der Weimarer Republik war. Der Schauspieler Daniel Brühl, der Erzberger darstellt, hat im Film einen komplett eigenen Handlungsstrang mit viel Bedeutung. In Remarques Buch hingegen wird Erzberger nur rudimentär erwähnt.

Durch die filmische Darstellung von Erzberger bekommen die Zuschauer:innen einen Einblick in das Leben abseits der Front. Die Personen im Hinterland des Kriegs leben in Saus und Braus. Die Kluft zwischen dem schrecklichen Massensterben auf dem Schlachtfeld und den Lebensumständen der Entscheidungsträger des Krieges im sicheren Heimatgebiet wird stark herausgearbeitet.

Der Protagonist Paul wird im Film anders dargestellt

Remarque stellt im Roman Paul Bäumer als einen jungen Mann dar, welcher im Verlaufe des Krieges immer kälter und emotionsloser wird. So auch in der Schlüsselszene, als er in einem Krater feststeckt und er einen jungen französischen Soldaten so anschießt, dass dieser schließlich stirbt. Im Buch ist diese Szene von der Mitleidslosigkeit Pauls geprägt. Dem Autor war wichtig, dem Leser zu zeigen, dass Krieg abstumpft.

In der Neuverfilmung hingegen ist Paul voller Empathie und erklärt sich bereit, den letzten Wunsch des sterbenden Soldaten zu erfüllen. Er soll Fotos und Briefe des Franzosen dessen Familie zukommen lassen. Die ursprüngliche Botschaft Remarques wird im Film also mit Absicht stark verändert.

Der falsche Standort des Regiments Nr 78

Sowohl im Film als auch im Roman kämpft Bäumer im Ersatz-Bataillon im Infanterieregiment Nr. 78. Im 1. Weltkrieg befindet sich dieses aber tatsächlich an der Ostfront und nicht an der Westfront.

Über den Grund dieser falschen Lokalisierung kann man nur spekulieren. War es ein Versehen oder geschah es mit Absicht? Will Remarque den Leser:innen sagen, dass es völlig egal sei, wo man im Krieg kämpft, da dessen Schrecken und Gräueltaten überall die gleichen sind? Remarque selbst war übrigens in der 2. Kompanie-Reserveinfanterie – Regiment 15.

Paul Bäumers Tod ist sinnlos, aber heldenhaft

Ganz nach dem Geschmack Hollywoods zeigt der Film den Tod des Soldaten Bäumer in heldenhafter Weise. Er opfert sich, um einem jüngeren Soldaten das Leben zu retten – der symbolhaft für die nächste Generation stehen mag.

Remarque sieht den Kriegstod Bäumers komplett anders. Paul stirbt unspektakulär, sinnlos, und an einem sehr ruhigen Tag – deshalb wohl auch der Titel: Im Westen nichts Neues. Paul atmet Gas ein, sein Tod wird nur von einem Erzähler in der dritten Person dargestellt. Im Film kommt die von Remarque gezeichnete Sinnlosigkeit des Krieges somit nicht im Sinne des Autors zur Geltung.

© Johncairns@getty

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